Mystisches aus Wilthen und Umgebung - Einleitung

Einleitung   Meinen Ausführungen zu diesem interessanten Thema möchte ich folgende Worte des belgischen Schriftstellers Maurice M...

06 Dezember 2019

Der fallende Spiegel


Der fallende Spiegel.

Die Geschichte, die ich Ihnen zu Beginn erzählen möchte, ist am 1.Mai des Jahres 1946 in dem oberlausitzer Dorf Wilthen auf der Neukircher Straße 65 P geschehen. 


Das Haus auf der Neukircher Straße 65P

Ich gebe den Erlebnisbericht des Perzipienten und seiner Zeugin hier wahrheitsgetreu wieder:

„Ich stand an diesem ersten Mai in der Küche meiner zukünftigen Schwiegereltern vor einem kleinen Wandspiegel und rasierte mich. Obwohl der Maifeiertag arbeitsfrei war, musste ich mich um das Geschäft meines Meisters Karl Rasche in Neukirch auf der Wilthener Straße kümmern, weil er krank im Ebersbacher Krankenhaus lag. Er besaß in Neukirch ein kleines Ladengeschäft für Fahrräder mit einer zugehörigen Reparaturwerkstatt, in der ich als Mechaniker arbeitete.“

Dieser kleine Wandspiegel, dem in dieser Geschichte eine erhöhte Aufmerksamkeit zukommen wird, hängt jetzt noch an der gleichen Stelle wie im Jahre 1946. Dieser Raum wird heute aber als Schlafzimmer genutzt. 

Der Original-Wandspiegel von 1946


Doch weiter mit den Ausführungen des Berichterstatters:

„Es war kurz nach halb sechs Uhr, und ich schabte mir gerade die letzten Bartstoppeln aus dem Gesicht, als plötzlich der an der Wand hängende Spiegel in den ich blickte mit einem lauten Knall nach unten krachte. Erschrocken und etwas verdutzt bückte ich mich, um die vermutlich traurigen Überreste des zum Rasieren nun mal notwendigen Utensils aufzuheben. Doch was musste ich zu meiner Überraschung feststellen? Das Spiegelglas war ganz geblieben! Ich suchte nach dem Nagel an dem er gehangen hatte, konnte den Stahlstift aber nicht finden. Als ich aus der Hocke nach oben kam, sah ich, dass er noch in der Wand steckte. Stutzig geworden, fasste ich den Nagel an der Kuppe und zog daran. Ganz fest steckte er im Holzdübel, den Albert in die Wand gegipst hatte.

Nagel im Holzdübel


Nun besahen wir uns mit Erika [Anm. d. V.: die Verlobte des Berichterstatters] den Spiegel von hinten, aber auch die Öse saß noch fest am Rahmen des Spiegels.

 
Original-Öse am Spiegel



„Der in der Wand sitzende Nagel hatte einen so großen Kopf, dass die Öse des Spiegels gar nicht von allein hätte darüber hinweg rutschen können.

 
Öse des Spiegels und der Nagel



Was war also geschehen? Es gab für mich keine logische Erklärung für das völlig unphysikalische Verhalten des kleinen Wandspiegels!“

Hier muss ich kurz einflechten, dass der Berichterstatter nach seiner erfolgreichen Flucht aus englischer Kriegsgefangenschaft und der glücklichen Heimkehr in die Oberlausitz von seinem ehemaligen Lehrmeister Karl Rasche wieder in der Neukircher Fahrradreparaturwerkstatt auf der Wilthener Straße als Mechaniker eingestellt worden war.

Meister Karl Rasche

„Nach dem Frühstück schwang ich mich aufs Fahrrad und fuhr schnell nach Neukirch. Auf der Wilthener Straße angekommen, klingelte ich an der Haustür, um mir den Schlüssel zur Werkstatt geben zu lassen. Lisbeth, die Tochter meines Meisters, öffnete die Tür und erzählte mir schluchzend, dass heute früh zwischen halb und dreiviertel sechs Uhr ihr Vater, also mein Meister Karl Rasche, im Ebersbacher Krankenhaus verstorben wäre.
Nun war ich völlig fertig!
Mir fiel sofort der fallende Spiegel ein, auch die Uhrzeit konnte bis auf ein paar Minuten mit der Sterbezeit des Meisters übereinstimmen.
Hatte das Herunterfallen des kleinen Spiegels vielleicht etwas mit dem Ableben meines Meisters im Krankenhaus von Ebersbach zu tun? Ich weiß es bis heute nicht.“
Soweit die Erzählung meines Berichterstatters.

Dazu muss ich folgende Worte aus einem lesenswerten Buch von Alphons Maria RATHGEBER zitieren:

„Von dem Mann, der das erlebt und berichtet hat, würden alle Leute, die ihn kannten, sagen, daß er nichts weniger als ein Phantast oder Schwärmer, daß er vielmehr ein nüchterner, arbeitsamer und rechtlicher Mann war. Am besten kann ich es selbst bezeugen: es war nämlich mein Vater…“[1]

Dieser ebenfalls „nüchterne, arbeitsame und rechtliche Mann“ war aber mein Vater Kurt Kubitz, d.h. nicht die Person auf die RATHGEBER in seinem Buch bezug nimmt.

 
Mein Vater Kurt Kubitz im Jahre 1946


Und wer meinen Vater zu seinen Lebzeiten nicht kennengelernt hat, der möge jetzt bitte schweigen; ich habe keinen Menschen gekannt, der es mit der Wahrheit so genau nahm wie mein Vater!

Weiterführende Anmerkungen.
Kurt Kubitz, mein Vater also, wurde im Jahre 1922 in Tautewalde in eine Familie mit evangelischer Konfession hineingeboren. Heute würde man die Glaubensauffassung seiner Eltern vielleicht mit „gemäßigt gläubig“ umschreiben. Meine Großeltern väterlicherseits waren also keine regelmäßigen Kirchengänger, aber sie glaubten an den Gott der Christen. Mein Vater wuchs sowohl in der Weimarer Republik als auch im Dritten Reich auf, dessen Politik man guten Gewissens als religionsfeindlich bezeichnen darf; für religiöse Schwärmereien war also kein Platz. Gelernt hat er den Beruf eines Mechanikers für Fahr- und Motorräder bei Meister Karl Rasche in Neukirch. Während des Zweiten Weltkrieges fuhr er bei der Kriegsmarine als Funker zur See, und Ende 1945 floh er aus englischer Kriegsgefangenschaft. 
Nach dem Krieg studierte er Pädagogik und wurde Berufsschullehrer in Bischofswerda und Bautzen. Bis zu seiner Verrentung unterrichtete er in der Kreisstadt Bautzen Berufsschüler des VEB Perfecta und des VEB Waggonbau Bautzen in so pragmatischen Fächern wie Fachrechnen, Technisches Zeichnen, BMSR-Technik, EDV und Elektronik. Er war ein stets realistisch denkender Mensch, für den es keine übernatürlichen Phänomene wie Geister, Spuk usw. gab. Obwohl auch er auch an Gott glaubte, musste ihm aber trotzdem alles immer rational verständlich und naturwissenschaftlich erklärbar sein.[2]
Ich berichte deshalb etwas ausführlicher über die Weltanschauung meines Vaters, weil ihm am 1.Mai des Jahres 1946 das oben Berichtete widerfahren ist, für das er bis zu seinem Lebensende keine schlüssige Erklärung gefunden hat.

Mein Vater, der – wie bereits erwähnt – Zeit seines Lebens ein rational denkender, kritischer und wahrheitsliebender Mensch gewesen ist, hat sich noch viele Gedanken darüber gemacht, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Herunterfallen des Spiegels und dem Tod seines damaligen Meisters Karl Rasche gegeben haben könnte. Er hat aber keinen erkennen können – oder wollen. Vielleicht war eben doch alles nur reiner Zufall?

Mein ehemaliger Arbeitskollege, ein sehr kluger Kopf und studierter Diplom-Biologe, bemerkte mir gegenüber, als ich ihm das Erlebnis meines Vaters erzählt hatte:

„Peter, auf dieser Erde fallen jeden Tag unzählige Spiegel und Bilder von den Wänden, ohne dass in diesen Familien oder im Bekanntenkreis der Familie gerade jemand stirbt oder gestorben ist. Alles Quatsch also.“

Aus dieser vorschnell gegebenen Antwort lassen sich jedoch aufschlussreiche Erkenntnisse gewinnen:[3]
  • Nur was wissenschaftlich beweisbar ist, halten wir in der Regel auch für wahr. Diese szientistische Einstellung hat zur Folge, dass die Erforschung unbekannter dessen ungeachtet aber sinnvoller Sachverhalte ausgebremst wird und neue Erkenntnisse sich gegen etablierte, eingefahrene Lehrmeinungen nur sehr schwer durchsetzen können (z.B. werden keine Fördermittel bewilligt, wenn sich Wissenschaftler mit vom Mainstream abweichenden Fragen auf wissenschaftlicher Basis zu beschäftigen versuchen, die vielleicht sogar einen Paradigmenwechsel nach sich ziehen könnten). Leider gilt bei vielen materialistisch orientierten Wissenschaftlern immer noch die fortschrittshemmende, unwissenschaftliche Regel: Es kann nicht sein, was nicht sein darf
  • Man kann dadurch, dass man solche Phänomene für wahr hält, sich auch der Lächerlichkeit preisgeben bzw. wird von sogenannten aufgeklärten Zeitgenossen bewusst lächerlich gemacht; schlimmstenfalls kann man sogar seine berufliche Karriere riskieren. Deshalb üben viele Gelehrte in Bezug auf die Erklärung derartiger Phänomene größte Zurückhaltung.
  • Wichtige Details lässt der Skeptiker bei der Betrachtung und Bewertung solcher Berichte gleich unerwähnt. In unserem Fall wird das tägliche, gewöhnliche Herunterfallen von Spiegeln und Bildern auf unserer Erde aufgrund von defekten Aufhängevorrichtungen kurzerhand gleichgesetzt mit dem Herunterfallen von Spiegeln und Bildern, bei denen die Aufhängesysteme völlig intakt sind, jedoch zeitgleich im Verwandten- oder Bekanntenkreis jemand verstorben ist bzw. gerade verstirbt. Hier besteht aber – im wahrsten Sinne des Wortes – ein himmelweiter Unterschied! Wie kann ein Spiegel von der Wand fallen, wenn sowohl die Öse als auch der Haken (bzw. der Nagel) völlig intakt sind und sich auch noch an den dafür vorgesehenen Stellen befinden? Auch ein in unserer Gegend nie oder nur sehr selten vorkommendes Erdbeben hätte nicht die Stärke gehabt, um den etwa 500 g schweren Spiegel um einen halben Zentimeter anzuheben und dann noch um einen halben Zentimeter in der Waagerechten zu bewegen, so dass er schließlich nach unten fallen konnte.
  • Und zu guter Letzt muss noch Folgendes festgestellt werden: Wenn mein Vater der Einzige gewesen wäre, dem eine so eine unglaubliche Geschichte widerfahren ist, dann würde ich die Glaubwürdigkeit seines Berichtes berechtigterweise anzweifeln. Er ist aber nicht der Einzige! Und auch die Bedingungen sind kurioserweise bei den anderen Berichterstattern fast die gleichen, wie im Bericht meines Vaters.       
  • Jedoch sollte man die berechtigten Zweifel der Skeptiker, falls man das Hineinwirken von Sterbenden bzw. bereits Verstorbenen in unsere Raum-Zeit-Dimension vermutet (spiritistische Variante), nicht unbeantwortet vom Tisch zu wischen versuchen. Wäre es nicht möglich, dass zum Zeitpunkt des Ablebens einer Person, diese den Kontakt zu einer ihr emotional nahestehenden Person sucht, um ihr ein Zeichen zu geben? Dazu muss man allerdings Dualist sein! Und falls das möglich sein sollte, warum wird dann ausgerechnet ein Spiegel nach unten geworfen? Gäbe es nicht sinnvollere Möglichkeiten, um dem/den Hinterbliebenen ein Zeichen zu geben?
  • Vielleicht hat nicht Karl Rasche, also der Sterbende/Verstorbene, sondern seine Tochter meinem Vater auf telepathischem Weg versucht, ihm eine Botschaft, einen Hilferuf zu senden (animistische Variante)? Soweit ich mich erinnern kann, berichtete mein Vater – zum Leidwesen meiner Mutter – manchmal davon, dass sein Meister Karl Rasche es gerne gesehen hätte, dass er eine Verbindung mit seiner Tochter eingegangen wäre.

Letztendlich tun sich uns Menschen bei dem Versuch, ein unerklärliches Phänomen logisch zu hinterfragen, weitere Probleme auf, die die ganze Situation nicht einfacher machen.

Im Zusammenhang mit dem Ableben von Verwandten oder nahen Bekannten geschehen manchmal seltsame Dinge, die von Menschen und sogar von Tieren registriert werden. Besonders unmittelbar nach gewaltsamen Todesfällen (Morden, Selbstmorden, tödlichen Unglücken) können sich an den Orten der schaurigen Vorfälle – übrigens auch noch Jahre oder Jahrzehnte später – seltsame Dinge abspielen (ortsgebundener Spuk).
Seit Menschengedenken ist dieses Phänomen des An- und Abmeldens von Sterbenden bekannt, aber mit einer an Starrsinn grenzenden Beharrlichkeit lehnen einige etablierte Wissenschaftler die Erforschung dieser Ereignisse ab. Warum eigentlich? Weil man auf seinem Weltbild beharrt und nicht gewillt ist, über den Tellerrand zu blicken oder seinen geliebten Elfenbeinturm[4] zu verlassen. 
Man fürchtet den Paradigmenwechsel wie der Teufel das Weihwasser!
Ich komme in diesem Blog noch mehrmals auf derartige sich eines ernsthaft forschenden Wissenschaftlers nicht geziemenden Verhaltensweisen zu sprechen.

© Peter Jürgen Kubitz 2018





[1] RATHGEBER, Alphons Maria: Natürliches und Übernatürliches, Verlag Albert Pröpster KG, Kempten im Allgäu, 1. Auflage 1965, S. 360.
 
[2] Sein Schwiegervater Albert Pelz hatte sich der im Bautzener Oberland seit vielen Jahren existierenden kleinen Versammlung der Zeugen Jehovas angeschlossen. Das hatte selbstverständlich zur Folge, dass mein Vater Kurt und meine Mutter Erika, geborene Pelz, auch mit der Lehre der ehemaligen Ernsten Bibelforscher – seit 1933 in Zeugen Jehovas umbenannt – in Kontakt kamen. Die Beschäftigung mit Spiritismus, Okkultismus und Parapsychologie wird von dieser Glaubensgemeinschaft strikt abgelehnt.
 
[3] Wichtige Nebenbedingungen lassen die Kritiker bei der Herabwürdigung bzw. Verächtlichmachung derartiger Phänomene gleich unter den Tisch fallen, also unerwähnt! Oft musste ich bei Skeptikern – und nicht nur bei denen – auch eine gewisse Denktiefe und ein konsequent-logisches Zu-Ende-denken des Sachverhaltes vermissen.

[4]Der Elfenbeinturm ist die Metapher eines geistigen Ortes der Abgeschiedenheit und Unberührtheit von der Welt. […] Heute überwiegt der negative Beigeschmack des Begriffs. Dieser bezieht sich auf einen akademischen Habitus von Forschern oder Wissenschaftlern beliebiger Disziplinen, der darin besteht, dass die innerhalb der Disziplinen herrschende extreme Spezialisierung in Bezug auf die nicht-akademische Außenwelt nicht als kommunikatives Problem erkannt werden will.“ – Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Elfenbeinturm.

18 November 2019

Aus der Chronik einer alten Wilthener Mühle


Aus der Chronik einer alten Wilthener Mühle.

Von einer wahrhaft unglaublichen Begebenheit wird von Fritz Renger, einem ehemaligen Kantor in Wilthen, in der Chronik einer historischen Wilthener Mühle berichtet. 

Renger-Mühle mit Bäckerei

Über das Leben seines Großvaters Heinrich Albrecht ist in dieser umfangreichen Abhandlung folgende spannende, zugleich aber auch erbaulich-tröstliche Geschichte zu lesen:

Späte Reue.

Als Großvater schon im vorgerückten Alter war, wurde er an das Sterbebett seines Freundes, des alten Bibliothekschulzen, gerufen. Der beichtete ihm folgendes Erlebnis:

„Heinrich, ich muß dir noch etwas offenbaren, sonst kann ich nicht in Frieden sterben. Du erinnerst dich doch noch, wie du mir vor vielen Jahren sagtest, daß du nach Schirgiswalde zur Sparkasse gehen wolltest, um dort mehrere tausend Mark für deinen Mühlenumbau zu holen. Du fragtest mich, ob du mir etwas aus Schirgiswalde mitbringen solltest, was ich verneinte. An jenem Tag hat mir der Teufel einen Mordgedanken ins Herz gegeben. Ich bin gegen Abend raus auf den Lärchenberg gegangen und habe mir meine Axt mitgenommen. Ich wußte, daß du erst am Abend zurückkommen würdest, weil du erst am Nachmittag losgelaufen warst. In der Dämmerung habe ich mich mit meiner Axt hinter einen Baum gehockt und gewartet, bis du kamst. Als ich dich dann kommen sah, dich erschlagen und dir das Geld rauben wollte, sah ich, daß du aber nicht allein durch den Wald kamst. Zwei starke glänzende Männer gingen noch an deiner Seite. Da ist mir der Mut entfallen und ich habe mich, als du vorbei warst, später nach Hause geschlichen. Kannst du mir die schwere Schuld verzeihen, Heinrich? Ich kann sonst nicht in Frieden sterben!“

„Ja,“ sagte der Großvater, „aber ich muss dir auch noch etwas dazu sagen. Jetzt weiß ich auch, warum mich damals, ehe ich hinter der Stadt in den Wald einbog, so plötzlich eine schreckliche Angst überfiel. Da bin ich hinter einem Baum auf meine Knie niedergefallen und habe inbrünstig zu Gott gerufen, er solle mir seine heiligen Engel schicken, damit ich mit dem vielen Geld unversehrt heimkäme. Dann bin ich ruhig weitergelaufen, aber ganz allein. Es war kein anderer Mensch bei mir!“

Chronist und Kantor Fritz Renger

Weiterführende Bemerkungen.
 
In der älteren und neueren theologischen und populärwissenschaftlichen Literatur fand und findet man viele Beispiele über das Hereinwirken von Engeln (oder Geistwesen) in unsere sichtbare, materielle Welt, besonders wenn der Hilfesuchende vorher um den Beistand Gottes gebetet hat.
Zeichnung meines Sohnes zum Sachverhalt    
 
Dass es eine unsichtbare - also eine unseren fünf Sinnen verborgene - Welt gibt, wird heute von keinem logisch denken könnenden Menschen mehr ernsthaft angezweifelt; nur einige wenige ideologisch-weltanschaulich ausgerichtete und intolerant-verstockte Exemplare der Gattung Homo sapiens verhalten sich neuen Erkenntnissen gegenüber stets ablehnend, unaufgeschlossen und skeptisch. Das Prinzip der „Lächerlichmachung“ oder des „In-den-Dreck-ziehens“ sind dabei probate Mittel. Der in der Periode der sogenannten Aufklärung und der beginnenden Industriealisierung seinen Aufstieg erlebende simple Materialismus als philosophische Kategorie mag als „die Philosophie des geringsten Verstandesaufwandes“ (Carl du Prel) von den nur diesseits orientierten, also für tiefgründigere Gedankengänge völlig ungeeigneten, ja sich geradezu davor scheuenden, Menschen durchaus als die zur rechten Zeit kommende Erklärung für ihr egoistisches – weil gottesfernes – Tun willkommen geheißen oder extra von ihnen dafür konstruiert worden zu sein, geht aber natürlich am eigentlichen Ziel unseres Daseins und der tatsächlichen Realität unseres Lebens meilenweit vorbei, da diese zu kurz gesprungene Ideologie alles was mit unseren fünf Sinnen nicht erfassbar ist und jedes Phänomen, das den Kriterien des inzwischen durch und durch einseitig ausgerichteten materialistischen Wissenschaftsbetriebes nicht in den weltanschaulichen Kram passt, als idealistisches „Gotteswerk“ verteufelt. Doch die kurze Episode des dialektischen und historischen Materialismus‘ à la Marx, Engels und Lenin, oder wie die philosophischen Zu-kurz-Denker noch alle hießen und heißen mögen, ist inzwischen ja fast vorbei bzw. geht langsam aber sicher ihrem Ende entgegen, was übrigens die besondere Aggressivität ihrer letzten Vertreter erklärt. Der Materialismus ist und bleibt eben die zukunftslose Philosophie des geringsten Verstandesaufwandes, da nicht die Materie das ursprüngliche Prinzip im Universum ist, sondern das geistige. Immer mehr Wissenschaftler – insbesondere die Quantenphysiker – werden wieder zu gläubigen Menschen, da sie langsam ahnend begreifen, dass es in dieser Welt viel mehr gibt als das, was wir sehen, messen und wiegen können. Oder wie Max PLANCK es in seinem öffentlichen Vortrag „Kausalgesetz und Willensfreiheit" (gehalten i. d. Preußischen Akademie der Wissenschaften am 17. Februar 1923) so schön formulierte:
„Es ist gewiß kein Zufall, daß gerade die größten Denker aller Zeiten zugleich auch tiefreligiös veranlagt waren, wenn sie auch ihr Heiligstes nicht gern öffentlich zur Schau trugen."


In dem lesenswerten Buch „Der Schutzengel-Faktor“ von John GEIGER [1] wird auf das Phänomen des Erscheinens eines „dritten Mannes“ [2] in extremen Situationen tiefgründig eingegangen. Da wird von berühmten und weniger bekannten Menschen in verzweifelten Lebenslagen berichtet, die eine „Präsenz“ neben oder hinter sich spürten; auch von „imaginären Schattengestalten“ und „Phantomgefährten“ ist die Rede. Abschwächend wird es manchmal auch nur als „lebhaftes Gegenwartsempfinden“ bezeichnet, das auf Halluzinationen des überstrapazierten Organismus‘ zurückgeführt wird.
Dass es sich im Bericht von Fritz RENGER aber um einen echten Fall einer Schutzengel-Erscheinung gehandelt hat, werde ich anhand einiger Fakten zu belegen versuchen:

  • Hätte der Bibliotheksschulze überhaupt einen triftigen Grund gehabt, seinem Nachbarn den mörderischen Plan auf dem Sterbebett zu beichten, wenn er diesen vor vielen Jahren nicht tatsächlich gefasst hätte? Wohl kaum! Und zwar schon deshalb nicht, weil Menschen in unmittelbarer Todesnähe – auch wenn sie in ihrem Leben notorische Lügner waren – sich plötzlich der Wahrheit verpflichtet fühlen, ja nicht mehr zu lügen in der Lage sind, um „in Frieden sterben zu können“, wie viele Tatsachenberichte über Sterbende beweisen. 
  • Interessant ist auch, dass Opa Berfa die ihm zur Seite gestellten himmlischen Sendboten nicht gesehen hat, sein Nachbar aber eindeutig erklärte: „Zwei starke glänzende Männer gingen noch an deiner Seite“! Da die Dämmerung bereits hereingebrochen war, wird das Leuchten oder Glänzen der den Mühlenbesitzer begleitenden Gestalten – die in der weiterführenden Literatur stets als von einem übernatürlichen Licht umgeben, beschrieben werden – besonders stark und damit beeindruckend gewesen sein.
  • Dass man dieses von Kantor RENGER niedergeschriebene Erlebnis seines Großvaters selbstverständlich auch als Bericht eines Mysterien-Faszinierten oder eines religiös motivierten Schwärmers in die Spinnerei-Schublade stecken könnte, falls man den Menschen RENGER nicht persönlich gekannt hat, ist mir durchaus bewusst; und manchem atheistischen Zeitgenossen wäre es auch ganz recht gewesen, wenn man den Christenmenschen RENGER – den ich noch selbst im Religionsunterricht erleben durfte – der Lüge hätte überführen können. Nun weiß ich jedoch, dass religiösen Menschen in früheren Jahren, insonderheit im Dritten Reich und zu Beginn der DDR-Diktatur, das Wort Gottes noch viel mehr galt, als den sogenannten satten Scheinchristen heutzutage. Hätte sich der Kirchenmensch RENGER auch nur der kleinsten Verfehlung schuldig gemacht, die rasende Horde der SED-Parteiideologen wäre über ihn hergefallen und hätte ihn in Stücke gerissen! Schon aus diesem Grunde, der natürlich nicht der Hauptgrund für seinen lauteren Lebenswandels war, hätte sich Kantor RENGER keinen Millimeter von der Lehre des Wortes Gottes und seinen Geboten entfernt. Und nicht vergessen werden darf, dass er als Religionslehrer in der DDR auch der besonderen Kontrolle und Überwachung durch den staatlichen Partei-, Staats- und Sicherheitsapparat ausgesetzt war! Warum sollte er also in späteren Jahren, das heißt beim Niederschreiben der eigenen Familiengeschichte, sich seiner christlichen Lebenseinstellung plötzlich nicht mehr verpflichtet gefühlt haben? Nein, die von Fritz RENGER in der Chronik der Rengermühle niedergeschriebenen Geschichten sind Tatsachen und entsprechen – wie die Geburts- und Sterbedaten seiner Altvorderen – der Wahrheit, auch wenn es manchem Zeitgenossen immer noch schwerfällt, an Entitäten zu glauben, die mit unseren fünf Sinnen nicht zu erfassen sind.
  • Da es sich bei dem Bericht von Fritz RENGER in der „Chronik der Rengermühle“ um einen subjektiven und anekdotischen Erfahrungsbericht seines Großvaters handelt, ist diese Geschichte nur ein schwacher Beleg für die Existenz von Lebewesen, die sich manchmal unseren Sinnen entziehen und sich uns manchmal auch offenbaren können. Ich lasse offen, ob es sich in dieser Geschichte um Engel, Außerirdische oder Helfer aus dem Jenseits gehandelt hat; das mag jeder für sich selber entscheiden!


Dass es sich beim Bericht von Fritz RENGER jedoch nicht um ein einmaliges Geschehen handelte, zeigt unter anderem ein von Gertrud EMDE in ihrem lesenswerten Buch „Geistige Heilung durch göttliche Lebensenergie“ erwähnter Fall, den ich hier zur Erhärtung der Tatsachen wiedergeben möchte:

„Eine Frau war beim Schwammerlsuchen im Wald unterwegs gewesen. Plötzlich wird sie unruhig, blickt auf und sieht einen Mann zielgerichtet auf sich zukommen, der anscheinend keine guten Absichten hat. Sie erschrickt, aber plötzlich ändert der seine Richtung und verschwindet. Sie sieht zu, dass sie so schnell wie möglich nach Hause kommt.
Irgendwann dreht sie das Radio auf und hört eine Polizeidurchsage: In ihrem Wald, dort wo sie zum Pilze suchen unterwegs war, ist eine Frau ermordet aufgefunden worden, offenbar nach einer Vergewaltigung. „Wer sachdienliche Hinweise geben kann, möge eine Polizeidienststelle benachrichtigen.“

Sie ruft sofort an, gibt eine genaue Personenbeschreibung des Mannes, der in jenem Wald auf sie zugekommen war, und nach kürzester Zeit konnte er identifiziert und gefasst werden.

Es kommt zu einer gerichtlichen Verhandlung. Der Mann ist geständig. Auf die Frage, warum er sich nicht an dieser Frau vergangen habe, erwidert er: „Da waren ja plötzlich zwei Mordskerle bei ihr.“ – In dem Zeitungsbericht stand nichts von Gebet, von geistigem Hilferuf, kein Versuch einer Deutung des Geschehens. Aber wie ist  es sonst zu erklären, als dass die Frau aus der geistigen Welt einen Schutz bekam, vielleicht aufgrund eines Gebets um Hilfe?“ [3]

© Peter Jürgen Kubitz 2017



[1] Piper Verlag GmbH, München 2009, 2. Auflage
[2] Auch als „Dritter-Mann-Syndrom“ bezeichnet.
[3] EMDE, Gertrud: Geistige Heilung durch göttliche Lebensenergie, Kösel-Verlag München, 2006, S. 74.