Mystisches aus Wilthen und Umgebung - Einleitung

Einleitung   Meinen Ausführungen zu diesem interessanten Thema möchte ich folgende Worte des belgischen Schriftstellers Maurice M...

28 August 2019

 

Fräulein Winkler lässt grüßen.

Nun kann man ja denken und glauben was man will: War es nur Zufall? Oder vielleicht doch Absicht? Intelligente Fügung gar? Erklärungsversuche für den Erhalt einer Grußkarte, die an meine ehemalige Nachbarin auf der Hermsdorfer Straße 9 in Dresden A 28 adressiert war, jedoch nie abgeschickt, viele Jahre später aber an mich weitergeleitet wurde, gibt es viele. Aber kann bzw. darf so etwas überhaupt sein? Nein, so etwas kann es nicht geben – ja, so etwas darf es nicht geben! Und warum nicht? Weil sonst Weltbilder ins Wanken gerieten, eventuell stünden sogar Paradigmenwechsel ins Haus. Unvorstellbar! Sie merken schon, ich versuche die Spannung aufzubauen. Doch der Reihe nach.

 

Hermsdorfer Straße 9

Von 1976 bis 1981 wohnte ich mit meiner Familie, also meiner Frau und unseren zwei Kindern, in Dresden-Löbtau auf der Hermsdorfer Straße 9 im I. Stock. Fräulein Winkler – wir sagten damals zu unverheirateten Frauen, auch wenn sie schon in die Jahre gekommen waren, noch „Fräulein“ [1] – also, dieses Fräulein Winkler war eine von Geburt an gehbehinderte und alleinstehende ältere Dame so um die Mitte siebzig und hatte ihre Wohnung im 3. Stockwerk des gleichen Hauses (warum allerdings der gehbehinderten Frau von der Kommunalen Wohnungsverwaltung Dresden-West nicht eine Wohnung in Parterre angeboten wurde, verschließt sich meinem logischen Verständnis). Neben uns wohnte eine Familie Kirsten (die Großeltern von Ulf Kirsten), darüber die Familie Hüttig, ganz oben das Fräulein Winkler. Die Parterre war wegen erheblicher Baumängel unbewohnt. Mit ihrem Gehstock und ihrer schweren Einkaufstasche quälte sich das Fräulein Winkler immer die vielen Treppen bis zu ihrer Wohnung unterm Dach hoch. Manchmal traf ich sie zufällig, wenn sie vom Einkaufen nach Hause kam, im Treppenhaus und trug ihr selbstverständlich die für sie sicherlich schwere Tasche bis in die III. Etage. Diese kleinen und für mich selbstverständlichen Dienste der christlichen Nächstenliebe entlohnte sie mir einmal mit einem Pfefferkuchen. Beim Öffnen der Blechdose in der Küche ihrer Wohnung sprach sie folgende bedeutungsvollen Worte zu mir:

„Pfefferkuchen muss man einsperren, damit sie weich werden, Herr Kubitz. Dann sind sie erst richtig gut und schmecken am besten.“

Ich weiß noch genau, dass Fräulein Winkler damals das Verb „einsperren“ benutzte. Ich war zu dieser Zeit noch relativ jung, also keine dreißig Jahre alt, und meine Sensibilität für andere, besonders für ältere Menschen, für ihre sprachlichen Äußerungen und den oft darin verborgenen tieferen Sinn hatte sich noch nicht entwickelt. Ob sie von meiner Inhaftierung gewusst hat, weiß ich nicht zu sagen. Oder ob das eine ganz allgemein formulierte, also eine symbolisch-versteckte Anspielung auf die Formung eines Menschen durch einen schweren Schicksalsschlag im allgemeinen, zum Beispiel eine Inhaftierung, sein sollte? Es darf vermutet werden.

 

Als dieses Fräulein Winkler Ende der 1970er Jahre nach einem Sturz ins Pflegeheim „Elsa Fenske“ auf der Löbtauer Straße eingeliefert wurde, habe ich sie in ihrem kleinen Zimmer noch ein paarmal besucht und ihr ein paar Kleinigkeiten vorbeigebracht. Darüber freute sich die inzwischen bettlägerige alte Frau stets sehr; wahrscheinlich wohnten in der näheren Umgebung keine Verwandten, die sie regelmäßig hätten besuchen können. Wenige Wochen später starb diese kleine unscheinbare Frau dann im Pflegeheim „Elsa Fenske“ in Dresden-Löbtau.

Doch nun zum eigentlichen Geschehen:

Anfang des 21. Jahrhunderts bestellte ich im Internet bei ebay eine alte Ansichtskarte meiner Heimatstadt Wilthen. Die Verkäuferin schickte mir nach der Bezahlung das Objekt der Begierde auch kurzfristig zu. Zur Stabilisierung der empfindlichen Postsendung hatte die Absenderin aus dem Baden-Württembergischen dem Brief zwei weitere Karten beigelegt. Die von mir gekaufte alte Ansichtskarte zeigte eine schöne Partie meiner Heimatstadt Wilthen; auf der einen kostenlos beigelegten Karte war ein Blumenstrauß zu sehen, die zweite Karte zeigte eine Ansicht von Bad Säckingen am Hochrhein mit Blick nach Süden. 

Die nicht abgestempelte Briefmarke im Wert von 15 Pfennigen zeigte Luther, geschrieben wurde die Karte zu Pfingsten, also im Mai, des Jahres 1964, der Absender lautete: Frida Winkler, Basel, St.-Gallenring 46 und adressiert war die Karte – und jetzt halten Sie sich bitte fest, denn auch ich hätte mich bald auf den Hintern gesetzt – an:

 »Fräulein Elisabeth Winkler, Dresden – A. 28, Hermsdorferstr. 9 III, Deutschland, DDR«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte!

Man mache sich die Vielfältigkeit der Zusammenhänge einmal richtig klar:

Kann diese nicht von mir bestellte Karte zufällig als Beigabe an mich geschickt worden sein? Ja, sicherlich. Die Versenderin hat die Stadt Dresden und aufgrund der Postleitzahl 02681 auch Wilthen mit der ehemaligen DDR in Verbindung gebracht. Folgende Gedanken könnten der Absenderin durch den Kopf gegangen sein: Damit die schöne AK von Wilthen durch rabiate Postangestellte nicht geknickt wird, lege ich zur Sicherheit mal lieber noch zwei weitere Karten in den Briefumschlag – dadurch wird die ganze Sendung etwas stabiler. Jetzt tauchten folgende Fragen auf: Und welche Karten lege ich der Sendung bei? Oder soll ich vielleicht doch ein Stück Pappe von der Größe des Briefumschlages zuschneiden? Wir Schwaben sind nämlich sehr sparsame Leute! Nein, das macht mir dann doch zu viel Mühe. Ich schicke dem „armen“ Ossi aus Sachsen mal eine AK von unserer schönen Gegend mit – vielleicht kommt er sogar mal zu Besuch in unser schönes Ländle? Ach, da sehe ich gerade die Karte von Bad Säckingen, die nach Dresden adressiert ist und die schon lange bei mir im Bestand rumliegt, weil sie keiner kaufen will. Und Dresden liegt ja auch in der ehemaligen DDR. Die lege ich der bestellten Karte bei, dann ist alles etwas stabiler und nicht so leicht zu knicken, denn ich will ja auch eine gute Bewertung vom Käufer haben. Ein Szenario, das sich so oder so ähnlich durchaus abgespielt haben könnte.

Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für so viele Zufälle?

Sie ist fast gleich Null! Die Wahrscheinlichkeit einen Sechser im Spiel 6 aus 49 zu haben, ist garantiert größer! Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Karte – adressiert an Fräulein Winkler, Dresden A 28, Hermsdorfer Straße 9 – nach über 40 Jahren an einen Menschen, der heute in Wilthen wohnt, der aber zufällig zur gleichen Zeit im gleichen Haus wie Fräulein Winkler in einer Stadt mit damals einer knappen halben Million Einwohnern wohnte, eine nicht abgeschickte Karte, die an dieses Fräulein Winkler in Dresden A 28 auf der Hermsdorfer Straße 9 adressiert war und die viele Jahre bei einer Ansichtskartenhändlerin in Baden-Württemberg im Ansichtskarten-Kasten gelegen hat, als Beigabe zu einer völlig anderen Bestellung zufällig an mich gesendet wird? Gerade an diesen Jürgen Kubitz, der dieses Fräulein Winkler gut gekannt hat, und der jetzt in Wilthen, einem Nest in der Oberlausitz, wohnt, wird diese Ansichtskarte als Beilage oder Zugabe zur Stabilisierung einer Postsendung verschickt? Irre!

Das war kein Zufall!!! [2] Nein, das kann – das darf – kein Zufall gewesen sein!

Ich weiß, dass uns Menschen – diese Herabwürdigung der Vorsehung erfolgt meist durch Atheisten – stets unterstellt wird, hinter jedem Geschehen einen tieferen Sinn zu vermuten oder zu suchen. Dabei muss er von uns Menschenkindern nicht einmal gesucht werden, weil er nämlich stets und ständig vorhanden ist – nur erkennen wir ihn nicht; oder wir wollen ihn nicht erkennen. Manche Menschenexemplare dürfen ihn aufgrund ihrer weltanschaulichen Prägung bzw. Voreinstellung auch nicht erkennen!

Leider habe ich damals nach dem Erhalt des Briefes nicht sofort Verbindung mit der Verkäuferin bzw. dem Verkäufer aus dem Baden-Württembergischen aufgenommen, wahrscheinlich musste aber alles so geschehen, wie es geschah.

 

 Weiterführende Bemerkungen.

Ich bin ein strenger Determinist, für den es keinen Zufall gibt. Ich glaube, dass alles Geschehen gesetzmäßig abläuft und die Vorsehung die Hauptrolle in unserem Leben spielt. [3] Falls der Laplacesche Dämon [4] existieren sollte, als gläubiger Mensch könnte man vielleicht auch Gott zu dieser allwissenden Intelligenz sagen, dann gibt es – wenigstens für diese Intelligenz – keinen Zufall. Hier komme ich in Gewissenskonflikte, denn diese Auffassung widerspricht meinem Verständnis vom freien Willen des Menschen, weil alles Geschehen nun vorherbestimmt, also determiniert wäre. Das widerspricht allerdings meiner christlichen Auffassung, dass der Mensch von Gott mit einem „freien Willen“ ausgestattet worden ist.

Da erscheint mir das zeitweilige Hineinwirken von Verstorbenen in unsere Realität – in die vierdimensionale Raum-Zeit – schon wesentlich sinnfälliger; außerdem ist dies nicht so etwas Besonderes, wie verschiedene geschichtliche und gut beglaubigte Ereignisse und Dokumente aus der Vergangenheit beweisen. Außerdem kollidiert die spiritistische These nicht mit meinem Glauben an ein Leben nach dem Tode.

Wenn einem aber selbst so eine gerade berichtete Geschichte passiert, dann ist man schon überrascht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das  Geschehen immer nach folgenden Punkten abzulaufen scheint:

 

  1. Zuerst ist man überrascht und total erstaunt über den Fakt.
  2. Dann verdrängt oder vergisst man den Sachverhalt.
  3. Man beschäftigt sich bewusst nicht weiter damit, weil man etwas „Wichtigeres“ zu tun hat.
  4. Später, nach Monaten oder Jahren, gibt es ein Zusammentreffen mit anderen Personen, die ähnliches erlebt haben und man erinnert sich des Vorfalles wieder.
  5. Der Fakt wird nun gründlicher beleuchtet und tiefgründiger betrachtet und man kommt zu völlig neuen und überraschenden Erkenntnissen.

 

Ob die Punkte 2 und 3 absichtlich stets so stattfinden, um zu verhindern, dass der tiefere Sinn hinter dem unglaublichen Geschehen erkannt wird, ist nicht ersichtlich. Dass es m̦glich ist, dass Verstorbene Рauch viele Jahre nach ihrem Ableben Рnoch mit uns Lebenden in Kontakt treten k̦nnen, ist heute ja offensichtlich kein Geheimnis mehr. [5]

 

© Peter Jürgen Kubitz 2018

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[1] Systematisiert wurde die Kritik am traditionellen Sprachgebrauch in den „Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs“, die vier Linguistinnen 1981 veröffentlichten. Sie empfehlen den vollständigen Verzicht auf den Gebrauch des Wortes „Fräulein“; wer dieser Empfehlung nicht folge, müsse als „Sexist“ gelten. […] In der Deutschen Demokratischen Republik war der Gebrauch von „Fräulein“ für unverheiratete Frauen bis zur Wende üblich.– Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Fräulein.

[2] Hier musste ich drei Ausrufezeichen setzen, da dieses Zusammentreffen nicht zufällig gewesen sein kann!

[3] Und dies mit allen positiven und negativen Konsequenzen! Aufgrund meiner deterministischen Auffassung vom Weltenlauf ergibt sich folgendes schwerwiegendes Problem: Der Mensch besitzt keinen freien Willen mehr, sondern er ist eine Marionette an den Schicksalsfäden einer höheren Macht.

[4] Der Laplacesche Dämon ist die Veranschaulichung der erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Auffassung, nach der es im Sinne der Vorstellung eines geschlossenen mathematischen Weltgleichungssystems möglich ist, unter der Kenntnis sämtlicher Naturgesetze und aller Initialbedingungen wie Lage, Position und Geschwindigkeit aller im Kosmos vorhandenen physikalischen Teilchen, jeden vergangenen und jeden zukünftigen Zustand zu berechnen und zu determinieren. Mit dieser Aussage wäre es theoretisch möglich, eine Weltformel aufzustellen. Pierre Simon de Laplace schreibt: „Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als Folge eines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der größten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen. Nichts wäre für sie ungewiss, Zukunft und Vergangenheit lägen klar vor ihren Augen.“ – Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Laplacescher_Dämon.

[5] Als Religion ist der Spiritismus durch eine ausgeprägte szientistische Haltung und durch eine scharfe Ablehnung des traditionellen Christentums charakterisiert. Grundlegend ist die Ãœberzeugung, dass die menschliche Seele nach dem Tod weiter existiere und dass es mit Hilfe von Medien möglich sei, mit den Seelen Verstorbener zu kommunizieren. Die Verstorbenen unterscheiden sich demnach nur wenig von ihrer früheren irdischen Existenz, behalten ihre Eigenheiten, und auch die „andere Welt“, in der sie leben, ähnelt dem Diesseits, ist allerdings in mancherlei Hinsicht „besser“. Damit verbunden war ursprünglich die Ãœberzeugung, dass die Existenz der Seelen oder Geister mittels wissenschaftlicher Experimente nachgewiesen werden könne. – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Spiritismus.

 

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